Liebe
AdventskalenderbesitzerInnen,
Ihr seid jetzt stolze BesitzerInnen eines
wertvollen Päckchens Hengener Wintermohn der Sorte Zeno Morphex
(was so viel heißt wie null Morphium). Wie der Mohnanbau zu uns
auf die Alb kam, möchte ich Euch hier erzählen:
Die erste Hürde war, dass der Anbau von
Schlafmohn (Papaver somniferum) in Deutschland unter das
Betäubungsmittelgesetz (BtMG) fällt und nicht erlaubt ist. Mohn ist
eine Heil- und Nutzpflanze, deren latexartige Flüssigkeit aus den
unreifen Samenkapseln mehr als 20 Alkaloide enthält, die für die
Herstellung von Opioiden (Morphin und Codein) Verwendung finden. Auch
der Mohnsamen enthält Spuren von Opioiden, so dass der Verzehr von
Mohnprodukten zu positiven Drogen-Urintests führen kann. Häftlinge
im Gefängnis bekommen deshalb keine Mohnbackwaren.
Allerdings muss die Bundesopiumstelle den Anbau
genehmigen und es gibt weitere strenge Regeln. Die erste große
bürokratische Herausforderung war also bei der Bundesopiumstelle
eine kostenpflichtige Erlaubnis nach dem BtmG für den Anbau zu
bekommen.
In Deutschland dürfen nur Mohn-Sorten mit
einem geringen Morphingehalt angebaut werden. Aktuell gibt es nur
drei in Deutschland zugelassene Mohnsorten, die Morphingehalte im
Pflanzensaft von unter 0,02 % aufweisen. Das sind die Sorten Mieszko
und Viola für den Sommeranbau und Zeno Morphex für
den Winteranbau. Alle drei Sorten sind Blaumohne. Weiß- oder
grausamige Sorten sind derzeit in Deutschland nicht zugelassen. Die
Sorten kann man durch ihre unterschiedlichen Blütenfarben
unterscheiden. So besitzt der Wintermohn eine dunklere violette
Blütenfarbe als der Sommermohn. Jede Blüte ist jedoch
unterschiedlich gefärbt und für sich eine Augenweide. Der
Wintermohn blüht im Juni, der Sommermohn etwa vier Wochen später.
Die einzelnen Pflanzen blühen nicht alle gleichzeitig, so dass das
Feld als Blütenmeer über drei bis vier Wochen bestaunt werden kann.
Wir hoffen, dass im kommenden Jahr eine weitere Wintermohnsorte
Zulassung erhält.
Die Kapseln reifen nicht gleichzeitig, da sie
ja auch zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt in die Blüte kommen.
Man muss nach der Blüte so lange warten bis alle Kapseln auf dem
Feld getrocknet sind, damit der Samen durchweg reif und haltbar ist.
Bei der ersten Ernte 2019 haben wir die Mohnkapseln von Hand,
teilweise mit der Schere, abgepflückt und in Jutesäcke gepackt. Dabei
hat die ganze Familie an zwei Tagen mitgeholfen. Man hatte dann die
Stacheln von den Stängeln in der Haut, was nicht sehr angenehm war.
Anschließend haben wir die Kapseln mit einem Apfelschredder
aufgebrochen. Jetzt musste man den Samen von den Kapseln mit
Hilfe von Sieben und Gebläsen trennen. Die Reinigung war sehr
aufwendig und unbefriedigend.
Im Folgejahr ließen wir den Mohn mit dem
Mähdrescher dreschen, was gut funktionierte. Doch wir erhielten den
gedroschenen Mohnsamen einschließlich mit dem „Unkrautsamen“,
welcher ebenfalls auf dem Acker gewachsen war. Dabei waren
Fuchsschwanz und Distel das größte Problem. Die Reinigung stellte
uns vor Probleme. Nach und nach investierte mein Mann in zahlreiche
Maschinen um den Mohn zu reinigen und sauber zu bekommen.
Im Jahr 2024/2025 erlangte der Hengener Mohn
sogar politische Bedeutung. Er stand symbolisch für die lokale
Wertschöpfung unserer heimischen landwirtschaftlichen Flächen,
gegen die geplante Flächeninanspruchnahme von knapp 5 ha wertvolle
Ackerfläche durch einen US-amerikanischen Großkonzern. Im Wahlkampf
zum Bürgerentscheid am 9. November 2025 hat das Bürgerforum Hengen
samstags Mohnkapseln auf dem Marktplatz verteilt, um mit den Urachern
ins Gespräch zu kommen.
Wer es tatsächlich geschafft hat bis hierher
zu lesen, ich weiß es war viel Information, ist schon jetzt in der
dunklen Jahreszeit herzlich eingeladen, das jährliche bunte
Blütenmeer 2026 zu bestaunen. Die Natur scheint im Winter zu ruhen.
Sie bereitet sich jedoch bereits auf das Schauspiel im Sommer vor -
im Verborgenen unter der Erde - und wir dürfen uns darauf freuen.
Der neue Wintermohn ist schon gesät, keimt und man sieht die grünen
Reihen.
Für Eure Genussexplosion:
Ihr könnt den Mohn zum Backen, Kochen oder im
Müsli verwenden. Falls ihr ihn zur weiteren Verarbeitung mahlen
wollt, verwendet ihn bitte frisch gemahlen, da die enthaltenen Öle
sonst schnell ranzig werden.
Bestimmt würde er auch in Eurem Garten keimen.
Aber das ist bei uns bisher leider strafbar.
Hoffentlich konnte ich Euch mit meinem Geschenk
begeistern und Mut machen im kommenden Jahr selbst neue Dinge
auszuprobieren und Eure Ideen in die Tat umzusetzen.
Euch allen nun eine schöne Advents- und
Weihnachtszeit! Mein herzlicher Dank geht an Marion für ihre Zeit
und Mühe mit dem Adventskalender! Danke, dass ich dabei sein durfte!